Ein halbes Jahr nach Beginn der Corona-Phase müsste der Markt für Weiterbildung eigentlich in einem massiven Aufschwung stecken, mit ausgelasteten Kapazitäten und steigenden Preisen für Seminare und Schulungen. Denn besser ließe sich die Basis des Booms auch am Reißbrett nicht zeichnen: Wie aus dem Nichts ist ein Heer an Kurzarbeitern entstanden, das freie Tage bequem zur Bildung nutzen könnte. Die Unternehmen wiederum bekämen die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter bis zur Hälfte vom Staat finanziert, sofern nur Zertifizierung, Quantität und Inhalte der Unterrichtseinheiten gewissen Standards genügten.
Doch der Ansturm auf die Bildungseinrichtungen hält sich in Grenzen, und die akute Flaute ist mit der Ferienzeit allein nicht zu erklären, meint
Prof. Dr. Gery Brüderlin. Der Hochschullehrer und ehemalige Personalchef der Schweizer Großbank UBS weist auf ein psychologisches Phänomen:
„Vielen Leuten fehlt dazu die Motivation: Die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust ist größer als die Lust auf Weiterbildung. Und vielen rauben die Zukunftsängste auch die dafür notwendige Energie.“
Prof. Dr. Gery Brüderlin
Um die mentale Hürde zu überspringen, braucht es Mutmacher: Helfer der HR-Abteilungen, die Kolleginnen und Kollegen mitziehen – und gegebenenfalls anstupsen. Und Politiker, die ihrerseits die Unternehmen mitreißen und ihnen Vertrauen in die Zeit nach Corona einflößen. Auch das ist Psychologie.